Nachruf Reinhard D. Schulz 1935 -2018

Reinhard D. Schulz, 1935 – 2018

 Nachruf von Gabriele Benz-Bohm, Ernst Richter
(erscheint auch in der Monatsschrift Kinderheilkunde)

 Reinhard Schulz starb am 1. Mai 2018 in seinem 83. Lebensjahr.

Am 22. Juli 1935 wurde er in Posen (Poznan im heutigen Polen) geboren und wuchs im nahe gelegenen Ort Rakwitz auf.  1945 mußte die Familie fliehen, die Flucht endete bei Uelzen, wo er die Schule besuchte und 1956 – nach einem weiteren Umzug - in Hannover sein Abitur machte. Obwohl er - wie seine drei Brüder - mit Musik groß geworden ist – Vater Pfarrer und Kirchenmusiker, Mutter Altistin – entschied er sich für Medizin.

Nach dem Studium in Berlin, Göttingen und Freiburg legte er 1962 das Staatsexamen ab und promovierte 1963 mit der Dissertation „Mitoseindex und Mitosephasenverteilung im Knochenmark bei akuter Leukämie“. Nach der Approbation begann er 1965 die Radiologie-Ausbildung in Rheinhausen, wechselte nach Düsseldorf und wurde Facharzt für Kinderheilkunde. Dank des Weitblicks von Prof. von Harnack, Direktor der Universitätskinderklinik, wurde der Funktionsbereich Kinderradiologie eingerichtet und ihm übertragen. 1971 konnte er diese Erfahrung nach Stuttgart mitnehmen und in den Aufbau und die Leitung der Röntgenabteilung der Städtischen Kinderklinik einbringen, dann auch als Facharzt für Radiologie. Nach Umstrukturierung der Stuttgarter Kliniken leitete er von 1979 bis zum Ende seiner Berufstätigkeit 1998 die Abteilung für Ultraschalldiagnostik und spezielle Radiologie des Radiologischen Instituts am Klinikum Stuttgart, Olgahospital.

Bereits 1975 begann er mit der Ultraschalldiagnostik. Seine ersten Ergebnisse mit Vidoson 635, einem wuchtigen Gerät, das ein Kind fast erdrückte, wurden mit großer Skepsis betrachtet, zumal eine Bildinterpretation nur bei Vorlage erklärender Skizzen verständlich gemacht werden konnte. Er ließ sich nicht beirren und berichtete auf nationalen und internationalen Kongressen weiter über seine Ergebnisse. Von 1978 an führte er Ultraschallkurse über Jahrzehnte durch, die nicht nur für uns Kinderradiologen, sondern auch für Pädiater, Kinderchirurgen und Orthopäden unabdingbar wurden. Er hat so zunehmend die Methode auch für Kinder nutzbar gemacht. Die 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR) 1983, von ihm ausgerichtet, hatte bereits als Hauptthema Ultraschalldiagnostik. Dennoch führte sein Vortrag über die Hüftsonografie auf der Tagung der European Society of Pediatric Radiology (ESPR) 1986 in Barcelona bei amerikanischen Kollegen zu Tumult ähnlichen Diskussionen.

Neben zahlreichen Veröffentlichungen hat er 1990 zusammen mit Ulrich V. Willi den „Atlas der Ultraschalldiagnostik beim Kind“ herausgegeben unter internationaler Mitarbeit von weiteren fünf Kinderradiologinnen und –radiologen.

Reinhard Schulz lagen Lehre und Fortbildung besonders am Herzen. Er gab sein Wissen und seine Erfahrung mit großem Einsatz und Begeisterung weiter – nicht nur in seinen Kongressvorträgen – sondern auch in von ihm gebildeten kleineren und größeren, sich regelmäßig treffenden Gruppen. So rief er 1973 den sog. „6er-Club“ deutschsprachiger Kinderradiologen ins Leben, in den später – auf seinen Vorschlag hin– auch eine Frau aufgenommen wurde.

1976 initiierte er das halbjährlich stattfindende kinderradiologische 4-Länder-Treffen (Österreich, Ostfrankreich, Schweiz, Süddeutschland), aus dem sich einzelne regionale „Röntgenschaukästen“ entwickelten, und das sich noch heute großer Beliebtheit erfreut.

Die Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie dankte ihm mit der Ehrenmitgliedschaft.

Musik war ein wesentlicher Teil seines Lebens. Nach Geige und Klavier hatte er mit18 Jahren angefangen, sein eigentliches Instrument, die Querflöte, zu erlernen. Er hatte viele Lehrer mit unterschiedlichen Schwerpunkten, u.a. Aurèle Nicolet und Prof. Gustav Scheck in Freiburg, Gaby Pas-Van Riet in Stuttgart. 1967 kam er zum Orchester der deutschen Kinderärzte und blieb 20 Jahre dabei. 1979 gründete er das Ensemble Medici bestehend aus 4 weiteren musizierenden Ärzten aus diesem Orchester. Es war unter professionellen Musikern hochgeschätzt und trat auch international auf, ausschließlich mit Benefiz-Konzerten. Viele Jahre hat Reinhard Schulz nationale und internationale Kongresse der DGKJ, der GPR und ESPR musikalisch mitbegleitet. Nach seiner Pensionierung und dem Umzug nach Bochum hat er die „Kemnader Burgserenaden“ ins Leben gerufen und so die Kammermusik in Bochum - unabhängig von seinen wunderbaren Hauskonzerten – gefördert.

Den Wert „gemeinsam“ hat er durch die Musik erfahren und hat diese Erfahrung auf seine medizinische Tätigkeit übertragen. Sie war ihm Motivation für seine Lebendigkeit, seine Aktivität, und für alles, was er bewegt und ins Leben gerufen hat.

Er ist in unserer Erinnerung gegenwärtig.