GPR-Jahrestagung im Rahmen der DGKJ-Jahrestagung, 7.-10.9.22 in Düsseldorf

„Atemanhalten ist unphysiologisch. Wir untersuchen das Herz in seinem physiologischen Zustand.“

Kinderradiologie in Düsseldorf entwickelt in Kooperation mit Partnern aus Kindermedizin, Biomedizin und Informatik neues Bildgebungsverfahren

Berlin/Düsseldorf, September 2022. „Jetzt bitte nicht atmen!“ – Für die meisten erwachsenen Patienten ist diese Anweisung während der Untersuchung im MRT, wo Bewegungen zu Fehlern im Bild führen (sogenannte Bewegungsartefakte) kein Problem. Für kleinere Kinder hingegen schon. Ein interdisziplinäres Forscherteam von der Universitätsklinik Düsseldorf (Kinderradiologie und Kindermedizin), Informatikern der TU Dortmund und dem Max-Planck-Institut Göttingen, sind diese Schwierigkeit jetzt angegangen. Sie haben eine Untersuchungsmethode entwickelt, die eine Rekonstrukton von Bildern erlaubt, die während des Atemvorgangs des Patienten entstehen. Eingesetzt wird das Verfahren in der Herzbildgebung, besonders bei Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern. Aber auch andere Anwendungsgebiete sind denkbar.

„Beim konventionellen Herz-MRT, wie es aktuell in der Radiologie zur Anwendung kommt, ist das Atemanhalten unumgänglich“, erklärt Dr. Dirk Klee, Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendradiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. „Um die sehr jungen Patienten dennoch untersuchen zu können, findet die Untersuchung daher häufig unter Kurzzeitnarkose statt – mit den damit verbunden Belastungen für die Kinder und der notwendigen, zusätzlichen medizinischen Logistik. Beim Echtzeit- Herz-MRT kann darauf verzichtet werden und es ist allenfalls eine Sedierung notwendig“, so Dr. Klee. *`

Fehlende Informationen werden von Künstlicher Intelligenz „aufgefüllt“

Was unterscheidet die Echtzeit-MRT von der konventionellen MRT? Bisher wurden MRT-Schnittbilder in zeitlichen Sequenzen von wenigen Sekunden erstellt. Diese Technik wurde nun am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen weiterentwickelt. Mit der Echtzeit-MRT werden regelrechte Filme mit bis zu fünfzig Bildern pro Sekunde erstellt. Der Datensatz , den man für diese Bilder aufnimmt, ist dabei gar nicht mal so groß, denn mithilfe von künstlicher Intelligenz und Rekonstruktionsalgorithmen, lassen sich die Unterschiede zwischen den Bildern berechnen und die fehlenden Informationen zwischen den Bildern „auffüllen.“

Letztlich bietet die Methode auch einen großen medizinischen Mehrwert. „Atemanhalten ist unphysiologisch, es entspricht nicht dem Normalzustand des Patienten. Mit dem neuen Verfahren können wir das Herz während des Atemholens, also in seiner normalen, natürlichen Aktivität beobachten“, so der Kinderkardiologe Prof. Dr. Frank Pillekamp. Untersucht wurden bislang größere Kinder und Jugendliche, aber auch für kleinere Kinder und sogar Säuglinge ist die Echtzeit-MRT geeignet. Auch die Indikationsgebiete lassen sich noch ausweiten. Primär für die Bildgebung von Herz und Blutgefäßen entwickelt, ist auch eine Anwendung für die Lungen oder die Speiseröhre denkbar. Sogar schnelle Übersichten über das Gehirn finden ihre Indikationen, etwa bei der in der Kinderradiologie nicht seltenen Indikation zum Ausschluss oder Bestätigung eines Hirnwasserstaus.

Enorme Datenmengen bei der Rekonstruktion

Ob sich die Methode in der flächendeckenden Untersuchung durchsetzen wird, hängt auch davon ab wie mit den enormen Datenmengen und den erforderlichen Rechenleistungen umgegangen wird. „Hier stehen wir mit unserer Arbeitsgruppe in sehr engem Austausch mit Wissenschaftlern aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz. Gerade im Bereich der automatisierten Konturerkennung sehen wir momentan einen enormen Fortschritt. Wir sind daher überzeugt, dass mit den Ergebnissen der Forschung das Verfahren in Zukunft eine breite Anwendung erfahren wird“, sind sich Dr. Dirk Klee und Prof. Dr. Pillekamp einig.