Interview

DFG unterstützt kinderradiologische Forschung mit 900.000 Euro

Die Kinderradiologie der Charité Berlin und die Experimentelle Radiologie des Universitätsklinikums Würzburg haben für ein gemeinsames multizentrisches Forschungsvorhaben eine DFG-Förderung in Höhe von 900.000 Euro erhalten. In dem Vorhaben geht es um die Entwicklung und klinische Erprobung von UTE-Sequenzen für die funktionelle Lungenbildgebung in der MRT. Prof. Dr. Simon Veldhoen von der Charité erläutert im Interview das Projekt.

Herzlichen Glückwunsch zu dieser großartigen Förderung! Wie kam es zu dieser offenbar sehr erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Berlin und Würzburg und wie wird die Förderung sie beeinflussen?

Veldhoen: Die funktionelle MRT-Bildgebung der Lunge, das heißt die Darstellung sowohl der Lungenmorphologie als auch ihrer funktionellen Parameter mittels MRT, ist seit mehr als 10 Jahren ein etablierter Forschungsschwerpunkt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Würzburg. Im Team von Prof. Köstler arbeiten Mitarbeitende der Tätigkeitsfelder MR-Physik, Informatik und Radiologie auf dem Gebiet der MR-Methodenentwicklung in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe eng zusammen. So können angepasst an klinische Fragestellungen neueste Sequenzentwicklungen unmittelbar klinisch erprobt und verbessert werden. Diese Art der kooperativen und verzahnten Wissenschaft ist bemerkenswert effizient. Mit dem Team der Kinderradiologie an der Charité möchte ich an dieses Konzept anknüpfen. In diesem Zusammenhang ermöglicht die Förderung der DFG die Anstellung von Experten auf dem Gebiet der MR-Physik unmittelbar in der Kinderradiologie.

Die MRT der Lunge kommt inzwischen insbesondere bei chronischen Lungenerkrankungen und an spezialisierten Zentren regelhaft zum Einsatz. Am Standort Würzburg ist das Christiane Herzog-Zentrum für Mukoviszidose Unterfranken unter der Leitung von Prof. Helge Hebestreit ein starker Kooperationspartner der Arbeitsgruppe und Förderer des Einsatzes der funktionellen Lungen-MRT bei Kindern und Jugendlichen. Die Darstellung funktioneller Parameter der Lunge, an der wir in den vergangenen Jahren gemeinsam gearbeitet haben, wird ebenfalls zunehmend klinisch relevant, was aktuelle hochrangige Publikationen internationaler Arbeitsgruppen eindrucksvoll belegen.

Meinen Wechsel in die Kinderradiologie der Charité möchten wir nutzen, um die Arbeit an diesem Forschungsschwerpunkt künftig verstärkt multizentrisch und interdisziplinär fortzuführen. Auch am Otto-Heubner-Centrum für Kinder- und Jugendmedizin der Charité sind Lungenerkrankungen ein ausgewiesener Schwerpunkt sowohl der grundlagenorientieren als auch der klinischen Forschung. Mit den auf diesem Gebiet tätigen Arbeitsgruppen der Charité kommen weitere starke Partner für eine interdisziplinäre wissenschaftliche Zusammenarbeit hinzu.

Das Forschungsvorhaben teilt sich in zwei Abschnitte auf. Worum ging es im ersten Teil?

Veldhoen: Richtig, die nun bewilligte Förderung geht aus einem Folgeantrag hervor. Im Rahmen der ersten Förderperiode des Forschungsvorhabens wurden seit 2017 Sequenzen mit ultrakurzer Echozeit, sogenannte UTE-Sequenzen entwickelt, für die funktionelle MRT der Lunge optimiert und klinisch erprobt. Durch physiologische Gegebenheiten und insbesondere den hohen Luftgehalt innerhalb des Organs ist das MR-Signal in der Lunge spärlich und zerfällt äußerst rasch. Gegenüber konventionellen Techniken bieten UTE-Sequenzen den Vorteil, dass sie durch ein sehr kurzes Zeitintervall zwischen der Erzeugung des messbaren MR-Signals und der Datenakquisition die Signalausbeute und somit die Abbildungsqualität der Lunge zum Teil drastisch verbessern. Die Nutzung dieser Technik für die funktionelle Lungenbildgebung war zu Beginn des Projektes ein ganz neuer Ansatz.

Und worum geht es im aktuellen Projektteil?

Veldhoen: In der nun folgenden zweiten Förderperiode sollen die verbliebenen Limitationen der Technik bearbeitet werden. Beispielsweise soll die Datenaufnahme zukünftig vollständig in freier Atmung und ohne Atemkommandos durchführbar sein, da Atemanhaltemanöver insbesondere für pulmonal erkrankte Patienten eine Belastung sind. Außerdem könnten auf diese Weise auch sehr kleine Kinder, die solche Kommandos noch nicht zuverlässig befolgen können, untersucht werden. Darüber hinaus werden wir daran arbeiten, die Untersuchungszeit weiter zu verkürzen und die Darstellung der Perfusion der Lunge zu verbessern.

Wie darf man sich die Zusammenarbeit der beiden Standorte vorstellen?

Veldhoen: Es handelt sich um ein multizentrisches Forschungsvorhaben an den Standorten Würzburg und Berlin. Die technischen Sequenzentwicklungen werden überwiegend in Würzburg im Team der Experimentellen Radiologie von Prof. Köstler bearbeitet. Die MR-Physiker an beiden Standorten stehen miteinander im Austausch, entwickeln gemeinsam und stellen die Implementierung der Techniken an den Scannern beider Standorte sicher. Die klinische Erprobung, die sich im Wesentlichen auf Kinder und Jugendliche mit angeborenen und erworbenen Lungenerkrankungen fokussiert, wird an beiden Standorten mit Schwerpunkt an der Charité durchgeführt.

Das Ziel liegt in der Bereitstellung einer Technik, die in wenigen Minuten Untersuchungszeit die für die Behandlung der jungen Patienten notwendigen morphologischen und funktionellen Informationen liefert. Zudem möchten wir den Einsatz der MRT zur diagnostischen Bildgebung der Lunge weiter vorantreiben, zum Beispiel durch Hinzunahme weiterer Standorte. Denn im Vergleich zu anderen Techniken wie der Röntgenaufnahme oder der Computertomographie kann durch Anwendung der Lungen-MRT die kumulative Strahlenexposition betroffener Patienten vermindert werden – und darauf haben wir in der Kinderradiologie stets ein besonderes Augenmerk.

Vielen Dank für das Gespräch und weiter viel Erfolg bei Ihrem Forschungsvorhaben!