
Das ESPR-Meeting 2023 in Belgrad - ein Erlebnisbericht
von Dr. Katharina Ronstedt, Halle
Das 57. jährliche Meeting der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (ESPR) fand vom 5. bis 9. Juni 2023 im Hotel Crowne Plaza in Belgrad, Serbien statt. Es setzte sich, wie üblich, aus zwei Tagen Postgraduiertenkurs und drei Tagen Annual Meeting zusammen.
Teilnehmer:innen aus Frankreich und Deutschland Julian Jürgens Das Motto des ESPR 2023 war “Neue Brücken bauen”. In diesem Zusammenhang handelt es sich nicht, wie man vielleicht im ersten Moment vermuten könnte, um eine leere Phrase, sondern um einen in gleich mehrerer Hinsicht erfüllten Selbstanspruch.
Zum Einen wurde die Bedeutung der engen Zusammenarbeit mit klinischen Kollegen betont. So gab es gerade im Postgraduate Course mehrere Sessions, die von Pädiaterinnen und Kinderchirurgen bereichert wurden. Hierbei ging es vor allem darum einen Einblick in die Konsequenzen und klinischen Aspekte dessen zu geben, die uns im Arbeitsalltag häufig begegnen. Dabei reichte das Spektrum von der rekonstruktiven Chirurgie der Urethra bis zum Management der juvenilen idiopathischen Arthritis.
Zum Anderen war der Kongress dieses Jahr erst der zweite in der gesamten Geschichte der ESPR, der in Südosteuropa veranstaltet wurde. Das an sich ist schon ein mutiger Schritt der Veranstaltenden und die Kongresspräsidenten Prof. Polina Pavicevic und Prof. Jovan Lovrensk haben nicht nur viel Aufwand betrieben, sondern ebenso eine besondere Herzlichkeit als Gastgeber:innen bewiesen und viele kreative Lösungen für die Überwindung großer und kleiner Hindernisse gefunden.
Die Bereitschaft Neues zu wagen, zeigte sich auch in dem in diesem Jahr eingerichteten Format für jüngere Teilnehmende: Es gab einen offenen Wettbewerb, bei dem sich Interessierte per Video um einen von insgesamt drei Vorträgen bewerben konnten. Die Gewinner genossen die gleichen Privilegien wie die eingeladenen Speaker und konnten so schon sehr früh Vortragserfahrung sammeln.
Ebenso gab es einen Hand-on CEUS -Workshop, der circa eine halbe Stunde lief und so viele Slots anbot, dassDer scheidende JESPR Präsident Julian Jürgens mit den Rerferent:innen der JESPR SessionJulian Jürgens tatsächlich alle Interessierte daran teilnehmen konnten. Begleitet wurde das durch viele theoretische Sessions. Insgesamt eine gute Möglichkeit in einen Bereich reinzuschauen, der vielversprechend ist und weiter als bisher in der Breite Einsatz finden mag.
Was hat es mir persönlich gebracht?
Nachdem der Kongress letztes Jahr in Marseille ein echter kinderradiologischer Jahreshöhepunkt war, kam ich mit recht hohen Erwartungen nach Belgrad und wurde tatsächlich nicht enttäuscht.
Fachlich konnte ich besonders von den vielen Sessions zur pädiatrischen Neuroradiologie, die teilweise auch die fetale MRT fokussierten, profitieren. Hier waren die Einzelthemen so breit aufgestellt, dass vieles behandelt wurde, was ich schon länger mal nachlesen wollte und was dann doch im Alltag unterging.
Die Sessions zu AI und Organisation/Planung von wissenschaftlichen Projekten in der Kinderradiologie fand ich insgesamt inspirierend; eine Einladung Forschung nochmal anders zu denken oder auch den Nutzen in der Versorgung zu priorisieren. Es ist auch ermutigend, dass es schon einige interessante Anwendungsfelder gibt, die den Radiolog;innen tatsächlich das Arbeiten erleichtern oder einen wesentlichen diagnostischen Mehrwert liefern. Selbst wenn viel AI in die Routine einzieht, unsere Arbeit wird dadurch in keinem Falle überflüssig werden. Das haben die Beispiele gut illustriert.
Sehr hilfreich waren die praktischen Tipps und Einsichten. Auch hier fiel auf, wie freigiebig die Erfahrenen ihr Wissen teilen und wie sie sich bemühen den Nachwuchs zu unterstützen.
Überrascht haben mich die Vorträge zu den eher „weicheren Themen“, wie Kommunikation mit Eltern oder medicolegalen Fragestellungen. Hier konnte ich viel direkt Anwendbares oder einfach auch Sicherheit-Vermittelndes mitnehmen.
Kongresspräsidentin- und Präsident: Prof. Polina Pavicevic und Prof. Jovan Lovrensk Julian JürgensWährend an den ersten beiden Tagen keine Sessions parallel liefen, musste man sich ab Mittwoch zwischen zwei bis drei Angeboten entscheiden. Vorträge zu Bildgebung von Herz/ Thorax oder auch die Vorträge zu CEUS habe ich neben anderen spannenden Themen daher leider verpasst. Von anderen Teilnehmenden wurde mir aber ähnlich Gutes berichtet, wie ich es selbst erlebt habe: die Inhalte waren praxisnah, gut aufbereitet und auch einfach mal interessant zu hören.
Die Stimmung auf dem Kongress ist insgesamt schon besonders und das wird durch die Abendveranstaltungen nochmal aufgewertet. Man kommt nicht nur um zu lernen und zu diskutieren, sondern auch um eine gute Zeit miteinander zu verbringen.
Am Abend des zweiten Kurstages fand das JESPER-Dinner für junge Radiolog:innen statt. „Jung“ ist dabei ein bisschen flexibel und neben Essen und Gesprächen, bei denen man sich einfach auch zu völlig Fremden dazustellen kann, wird viel getanzt. Der Club lag direkt am Wasser und war doch ziemlich fein, die Atmosphäre ein bisschen festlich, aber vor allem gelöst und von viel Wiedersehensfreude getragen.
Am Mittwochabend war die „Welcome Reception“. Hier ging es mehr um den direkten Austausch, im Grunde eine Stehparty mit leckerem Fingerfood und guten Getränken, viel Gespräch und viel Gelächter.
Das Highlight war aber klar das Gala-Dinner. Tolles Essen mit deutlichen Referenzen an die serbische Küche ist schon ein Erlebnis. Wenn dann noch die richtigen, spannenden Leute dabei sind, kann es nur ein denkwürdiger Abend werden. Gute Livemusik und eine volle Tanzfläche geben dann das ihre dazu, aber vor allem die Stimmung…die muss man erlebt haben. Es war jedenfalls eine großartige Fete, ganz anders aber genauso erinnerungswürdig, wie die letztes Jahr.
Der nächste ESPR Kongress findet vom 3. bis 7. Juni 2024 in Sevilla, Spanien statt. Dieses Jahr waren nur ca. 10 Deutsche dabei, auch wenn einer davon der scheidende Junior ESPR-Representative (und neuer ESPR-Webmaster) Julian Jürgens war, waren wir doch eher wenige. Da stellte sich die Frage, ob manche:r, dem eine Teilnahme viel bringen würde, den Kongress vielleicht für sich noch gar nicht in Betracht gezogen hat. Selbst ich hatte vor knapp zwei Jahren auch eher zufällig von der Existenz der ESPR und dem jährlichen Meeting erfahren.
Klingt ja nett, aber wer kann davon wirklich profitieren?
Für jüngere Kolleg;innen, die darüber nachdenken zum ersten internationalen Kongress teilzunehmen und sich in derNoch über Europa und das Heute hinaus: Lecture von Kassa Darge, Professor of Radiology at the Children's Hospital of Philadelphia Julian Jürgens Schwerpunktbildung befinden oder zumindest der pädiatrischen Radiologie sehr zugeneigt sind, kann das Meeting und der Post Graduated Course nur wärmstens empfohlen werden. Es herrscht eine sehr freundliche, kollegiale Stimmung und man lernt schnell neue interessante Leute kennen. Mit einigen, die ich in Marseille getroffen habe, bin ich immer noch in Kontakt und genieße den Austausch.
Auch für Radiolog:innen, die an ihrem Arbeitsort die Kinderradiologie quasi alleine stemmen, kann die Woche eine sehr lohnende Investition sein. Auf beiden Kongressen war Weiterbildung ein großer Schwerpunkt. Die Referierenden scheinen ganz wesentlich da nach ausgewählt zu werden, dass sie komplexe Themen so aufarbeiten können, dass auch in kurzer Zeit viel vermittelt wird. Dabei ist das Themenspektrum weit und das Niveau richtet sich in aller Regel an kinderradiologisch Vorgebildete, die aber keinen Schwerpunkt im entsprechenden Themenkreis haben.
Wer sich für Prozesse interessiert und gerne mal erfahren möchte, wie die Herausforderungen, die es fast überall in unseren Fachbereich gibt in anderen Ländern von engagierten Menschen angegangen werden, bekommt hier schnell und einfach Infos aus erster Hand.
Wer auf der Suche nach Inspirationen für Forschungsprojekte ist oder mal neuen Input braucht, findet hier optimale Möglichkeiten. Mich hat die einfache Ansprechbarkeit von auch sehr renommierten Wissenschaftler:innen jedenfalls sehr beeindruckt.
Gibt es Vorbehalte?
Für jungen Eltern mag es vielleicht schwierig sein, dass keine Kinderbetreuung angeboten wird, das wäre bei einem solchen Kongress aber auch schwierig zu realisieren.
Klar, man sollte sich schon gut auf Englisch austauschen können. Sorge ob des allgemeinen Sprachniveaus braucht man sich aber nicht zu machen. Es geht um Kommunikation und die Teilnehmenden kommen mit ganz verschiedenen Hintergründen, da interessiert sich niemand für grammatische Unsicherheiten oder sprachliche Lücken. Wer aber gerne mal wieder eine andere europäische Fremdsprache anwenden möchte, hat hier leicht die Chance. Es sind viele verschiedene Sprachen in den Pausen und an den unterschiedlichen Stehtischen zu hören.
Die ESPR bietet auch sonst viel an Weiterbildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten, um Sie kennenzulernen ist der jährliche Kongress in jedem Fall Eine gute Gelegenheit.
Ich freue mich jedenfalls darauf, nächstes Jahr noch einige heimische Kolleg;innen mehr in Sevilla treffen zu können .